Hospizdienst ermöglicht würdevollen Abschied
Sterben ist Teil des Lebens
Foto: Archiv Menschen sollten den letzten Weg im Leben nicht allein gehen – das macht das Abschiednehmen leichter.Westerland. In Würde leben – bis zum Schluss. Ein Abschied bei Familie und Freunden, gelöst und ruhig; befreit von den Sorgen des Lebens. So stellen sich wohl viele Menschen ihren Tod vor. Doch mit Anderen über das Thema reden, sich über Ängste und Vorstellungen austauschen – das geschieht viel zu selten. Der Tod macht sprachlos, wortlos. Dabei gehören Tod und Sterben zum Leben, doch viele Menschen scheuen sich davor, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen.
Niemand muss den Weg in den Tod allein gehen – es gibt Ehrenamtliche, die todkranke Menschen und Sterbende bis zum Ende begleiten. Sie engagieren sich im Sylter Hospizverein, einem ambulanten Hospizdienst. Antje Worbs und Christel Peters sind dort Begleiter- und Koordinatorinnen. Als solche planen sie die Einsätze der Ehrenamtlichen und sind erste Anlaufstation für Angehörige.
„Der sterbende Mensch mit seinen Wünschen und Bedürfnissen steht bei uns im Mittelpunkt“, erklären die beiden. Möchte sich der Patient seine Sorgen oder Nöte von der Seele reden? Möchte er etwas vorgelesen bekommen? Oder soll einfach nur jemand am Bett sitzen und die Hand halten? „Die Bedürfnisse sind ganz individuell und wir versuchen, darauf einzugehen“, erklärt Antje Worbs. Eine Begleitung kann aber nicht nur für den todkranken Patienten wichtig sein, sondern auch für die Angehörigen. „Indem wir uns Zeit nehmen, verschaffen wir den Familienmitgliedern oder den pflegenden Angehörigen eine Atempause“, so Christel Peters. Diese können dann die Zeit für sich nutzen, um Freunde zu treffen, einen Kaffee zu trinken oder einzukaufen. „Wir hören auch einfach zu, wenn jemand reden möchte.“
Acht ausgebildete Sterbebegleiterinnen und vier Koordinatorinnen – Antje Worbs, Christel Peters, Susanne Mylin-Schrader und Nadja Lauritzen – sind aktuell beim Hospizdienst. „Wir stimmen mit den Patienten und den Angehörigen ab, wie oft und an welchen Wochentagen eine Begleitung gewünscht ist“, sagen die Koordinatorinnen. Wie lange diese letztendlich insgesamt dauert, ist sehr unterschiedlich. Es können nur Stunden sein – oder auch Jahre. „Wir würden uns manchmal wünschen, dass wir früher in Anspruch genommen werden. Doch bei vielen Menschen ist die Scheu immer noch hoch“, sagt Christel Peters.
Beim Hospizdienst haben sie die Hoffnung, dass die Tabus Tod und Sterben in der jüngeren Generation abgebaut werden können. „Wir möchten den Menschen Mut machen, über die Themen offen zu reden. Niemand muss mit seinen Ängsten allein bleiben.“ Es sind Ängste, die sehr menschlich sind: vor schlimmen Schmerzen, langem Siechtum, Atemnot. Mittlerweile ist die Palliativmedizin so weit, Schmerzen und Atemnot zu lindern und ein würdiges Sterben zu ermöglichen.
Dass viele Menschen ihr Ehrenamt eher zurückhaltend sehen, wissen die beiden. „Bei Begleitungen geht es nicht nur um Krankheit und Sterben, sondern auch um die Zeit, die dem Menschen bleibt. Diese soll mit schönen Dingen gefüllt sein, mit Lachen und Dankbarkeit. Es ist ein ganz besonderes Ehrenamt, das sehr bereichernd ist.“ Ihre persönliche Einstellung zum Tod habe ihre Tätigkeit nachhaltig verändert. „Der Tod ist Teil des Lebens und so reden wir in der Familie auch darüber“, so Antje Worbs. Die beiden Begleiterinnen betonen immer wieder, wie wichtig es ist, den Tod ein Stück ins Leben zu holen. „Ein bewusster Abschied erleichtert den letzten Weg und hilft, die Trauer der Angehörigen zu mildern.“
Alle Informationen zu Begleitung oder zum Ehrenamt gibt es beim Sylter Hospizdienst, Telefon 04651 299960 sowie im Internet unter www.hospizverein-sylt.de, E-Mail: sylter-hospizverein@t-online.de.
Die Begleitungen sind vertraulich, kostenlos und an keine Konfessionen gebunden. Es werden keine pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Dienste übernommen.
Der Sylter Hospizverein konnte für Mittwoch, 12. Oktober, 20 Uhr, die „Tabu-Tanten“ ein Improvisationsduo nach Sylt einladen, das mit dem Tabuthema bricht. Der Eintritt ist frei.
Veranstaltungsort: Das Forum des Schulzentrums, Westerland, Tonderner Straße 12.
Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 04.10.2022