Aktion „Glänzend in den Sommer“: Stolpersteine werden gereinigt
Putzen gegen das Vergessen
Foto: Sylt Museum Der Stolperstein in Keitum erinnert an Jens Emil Mungard. In seinen friesischen Gedichten übte er Kritik an den Nationalsozialisten. 1935 wird er zum ersten Mal in „Schutzhaft“ genommen. Er stirbt 1940 im KZ Sachsenhausen.Insel Sylt. Ostern steht vor der Tür und wohin man schaut, wird gewienert, geschmückt und alles saisonfertig gemacht. Von ganz anderem Holz ist die Reinigungsaktion, zu der der „Arbeitskreis Erinnerungskultur Nationalsozialismus auf Sylt“ aufruft.
„Schon im letzten Jahr haben wir uns der in Kiel initiierten Aktion ‚Putzen gegen das Vergessen!‘ von Tommy Ruhfus und Mike Ahlschläger angeschlossen, die dazu aufgerufen hatten, die 830 verlegten Stolpersteine im Land Schleswig-Holstein im Frühjahr zu reinigen, damit sie glänzend in den Sommer gehen. Viele Ehrenamtliche und Familienmitglieder haben sich damals gemeldet und mit verschiedensten Geheimrezepten die Steine geputzt“, berichtet Silke von Bremen
Alexander Römer, Leiter der Sölring Museen, ergänzt: „Stolpersteine sind ein Kunstprojekt des Künstlers Gunter Demnig, der mit seiner Aktion erstmals 2003 in Schleswig-Holstein an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus aufmerksam machte. Die von ihm verlegten Steine zeigen eine Messingplatte, auf der die Namen, Lebensdaten und Sterbedatum der Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft zu lesen sind und die im Laufe der Monate immer eine dunkle Patina bekommt. Die wollen wir zum Glänzen bringen.“
21 Steine erinnern auf Sylt an 18 Personen an verschiedenen Orten: Käthe Siegert, Franz Korwan alias Sally Katzenstein, Johanna Herold, Kurt Brüggen, Karl Quaas, Hermann Meinert Hansen, Karl Jessen, Max Feddersen, Heinrich Bohnhoff, Niko Ehlers (alle Westerland), Jens Emil Mungard, Franz Korwan, Elsa Sänger, Ludwig Borstelmann, Wilhelm Ernst Witteborg (alle Keitum), Walter Henningsen, Tinnum, Erhard Jörgensen (Archsum), Bothilde Callesen (Munkmarsch), Anita Rée (Kampen) und Diedrich Cornelius Diedrichsen (List).
Die sehr informative Seite der Gemeinde Sylt www.gemeinde-sylt.de/stolpersteine/ erzählt jeweils die Biographie und gibt Auskunft zur Adresse aller Personen, denen auf Sylt ein Stolperstein gesetzt wurde. Wer sich bei der Stolperstein-Reinigungsaktion engagieren möchte, kann sich in der Geschäftsstelle der Sölring Museen per Mail info@soelring-museen.de oder unter Telefon 04651 32805 melden. Einige Steine sind noch nicht reserviert.
Die Aktion „Glänzend in den Sommer“ findet von Freitag, 21. bis Sonntag, 23. April, statt. Wann und mit wem man einen bestimmten Stein während dieses Zeitraumes reinigen möchte, kann man sich frei einteilen. Wichtig ist nur, dass er am 23. April abends gereinigt ist.
Als Anregung gibt der Kieler Initiator Ahlschläger mit auf den Weg, dass nach dem Reinigen des Steins noch eine Blume und eine Kerze hinzugestellt werden darf, um auch weitere Passanten auf die Biografie, die sich hinter dem glänzenden Stolperstein befindet, aufmerksam zu machen.
Ebenso verweist der Initiator auf die Aktionsseite www.stolpersteine-im-norden.de und zwei begleitende Veranstaltungen, die im Kieler Kulturzentrum „Hansa 48“ stattfinden. Am Mittwoch, 19. April, 19.30 Uhr zeigt die Autorin Corinna Below ihren Film „Ein Stück Deutschland“ im Kinosaal der „Hansa 48“. Anschließend lesen Corinna Below und Gäste die bewegenden Geschichten der deutschsprachigen Jüdinnen und Juden vor, die Below 2019 dort besucht und begleitet hat. Obwohl die Bewohner des Altenheims „Hogar Hirsch“ in Buenos Aires aus Nazideutschland geflohen sind, hängen sie an ihrer Identität. Sie sind Deutsche geblieben. Am Samstag, 22. April, 20 Uhr, gibt die BrassBand „Banda Comunale“ ein Konzert. Die 15-köpfige Band aus Dresden unterstützt und initiiert Projekte gegen Rechts. Für ihr Engagement ist die Band mehrfach ausgezeichnet worden.
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 04.04.2023