Gästeführer auf Sylt ausgebildet
Eine ganz besondere Reise
Foto: SMG Die neuen Gästeführer erhielten ihre Zeugnisse von Bürgermeister Nikolas Häckel (re.) im Beisein von Anne Daedelow (Mitte, vorn), Anke Wigger (li.) und Silke von Bremen (2. v .li.) im Westerländer Rathaus.Insel Sylt. Glücklich halten zwölf von 14 Kursteilnehmer ihre Zeugnisse in den Händen. Sie alle haben es geschafft und die erste Sylter Gästeführer-Ausbildung erfolgreich absolviert. Zwei Jahre haben sie auf diesen Tag hingearbeitet und 134 Stunden Unterricht hinter sich. Der Stundenplan war umfangreich und anspruchsvoll: Die angehenden Gästeführer büffelten Marketing und Konfliktmanagement und absolvierten ein zweitägiges Sprechtraining-Seminar.
Das Wichtigste: Die Teilnehmer lernten jede Menge über die Insel und die Dörfer – Geschichte, Besonderheiten sowie die schönsten Wege. Dozentin für den regionalspezifischen Teil war Silke von Bremen, die bislang einzige vom Bundesverband der Gästeführer in Deutschland (BVGD) zertifizierte Gästeführerin auf Sylt. Sie trug ihr Wissen zusammen, gab es weiter und war für die Teilnehmer unterstützende Mentorin und verlässliche Ansprechpartnerin.
Aus der Not heraus entstanden
Das Konzept für diese außergewöhnliche Ausbildung entwickelte Anne Daedelow, Leiterin Gruppen- und Geschäftsreisen bei der Sylt Marketing Gesellschaft (SMG). „Im Grunde ist die Planung aus der Not heraus entstanden“, sagt sie rückblickend. Denn für ihre Gruppen, die auch mal 200 Personen und mehr umfassen, organisiert sie regelmäßig Führungen über die Insel. „Es gibt auf Sylt aber einfach nicht genug Gästeführer, um die Nachfrage abzudecken“, weiß sie. Zudem sei die Qualität der angebotenen Führungen für den Gast nicht immer zufriedenstellend. „Es war uns bei der Planung der Ausbildung daher ein Anliegen, die Gästeführungen wertig zu machen, so dass sie den Ansprüchen gerecht werden.“
Ende 2019 begann sie mit der Konzeptentwicklung. Die Ausbildung sollte dabei sowohl auf die Besonderheiten der Insel zugeschnitten sein als auch den Standards des Bundesverbands der Gästeführer in Deutschland entsprechen, in dem rund 7500 Gästeführer aus mehr als 235 deutschen Städten organisiert sind. Während der Konzept-Vorbereitung sprach Anne Daedelow mit vielen Leistungsträgern auf der Insel, holte sich Rat bei der Volkshochschule in Husum und nahm den BVGD mit ins Boot. Das Programm konzipierte sie so, dass es den Anforderungen für eine Zwei-Sterne-Zertifizierung des BVGD entspricht. Maximal kann eine Drei-Sterne-Zertifizierung erreicht werden – nach 600 Stunden Unterricht. Für eine Ein-Stern-Zertifizierung ist gerade mal regionales Fachwissen erforderlich.
„Uns war von Anfang an klar, dass wir auf Sylt mit einem speziellen Konzept eine Zwei-Sterne-Zertifizierung anstreben. Und der BVGD hat uns dabei sehr unterstützt und unser Konzept schließlich auch dahingehend anerkannt“, sagt Anne Daedelow. Mit der Durchführung der Ausbildung wurde die Volkshochschule Husum betraut, die im Auftrag des Schulverbandes die Volkshochschule Sylt betreibt. „Auch, wenn das Konzept weitestgehend stand, brauchten wir eine Bildungseinrichtung, die sich als verlässlicher Kooperationspartner um das Teilnehmermanagement kümmerte, uns bei der Planung der Ausbildungsstunden hilft sowie qualifizierte und kompetente Dozenten zur Verfügung stellen konnte.“
Finanzielle Unterstützung erhielt das umfangreiche Ausbildungsprogramm von Sven Paulsen, dem Geschäftsführer der Sylter Verkehrsgesellschaft. Durch seine beigesteuerten 3000 Euro konnte die Ausbildungsgebühr niedrig gehalten werden: Für den gesamten Zeitraum und alle Kurse nur 610 Euro gezahlt werden.
Große Resonanz und eine lange Warteliste
„Nachdem wir mit der Idee an die Öffentlichkeit gegangen sind, war die Resonanz überwältigend“, erinnert sich Daedelow. „Wir hatten eine Warteliste von über 60 Personen und haben so weite Kreise gezogen, dass wir sogar mehrere Anmeldungen aus Husum hatten – von bestehenden Gästeführern, die von der Vielfalt der Ausbildung so überzeugt waren, dass sie unbedingt teilnehmen wollten.“ 18 Interessierte absolvierten dann die Ausbildung, die vor allem am Abend und am Wochenende stattfand.
Die praktische Abschlussprüfung fand Anfang März statt. Die Prüfungskommission bildeten Anne Daedelow, Anke Wigger, die Direktorin der VHS Husum und Stefanie Montrone von der Kommission für berufliche Bildung (KBB) beim BVGDs. Von der Kirche St. Niels in Westerland ging es für die Prüfungsgruppe über den Bahnhof, die Westerländer Promenade bis zum Rathausmarkt. Unterwegs musste an verschiedenen Stationen ein zufällig ausgewählter Teilnehmer bis zu 15 Minuten lang referieren – mit Einleitung, Hauptteil und Schluss. „Neben dem Inhalt war die soziale Kompetenz entscheidend“, sagt Anne Daedelow. Anhand eines Punktebogens wurden unter anderem die Atmosphäre, die Darstellung, der Umgang mit Fragen und unvorhergesehenen Situationen oder die Körpersprache bewertet. „Alle waren ein wenig aufgeregt, aber es war ein toller Tag und unsere neuen Gästeführer konnten zeigen, dass sie ihre erworbenen Kenntnisse auch praktisch anwenden können. Nun haben sie die Möglichkeit, ihr Wissen in die Tat umzusetzen und künftig viele Gruppen über die Insel zu führen.“
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 18.04.2023