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Schließung der Bahn-Reisezentren:

Auch für Sylt und Niebüll geplant

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Insel Sylt. Der Bahnhof Westerland auf Sylt: Hier befindet sich bislang das nördlichste DB-Reisezentrum Deutschlands. Die Deutsche Bahn (DB) steht vor einer einschneidenden Veränderung ihrer Servicepräsenz in Nordfriesland. Zum Jahresende 2025 sollen die DB-Reisezentren in Westerland (Sylt) und in Niebüll geschlossen werden. Dies ist Teil einer bundesweiten Umstrukturierung des Vertriebssystems der Bahn. Künftig will das Unternehmen vor allem auf Agenturmodelle – also Verkaufsstellen, die von externen Partnern betrieben werden – und digitale Services setzen, anstatt eigene Reisezentren zu unterhalten. Für die Bahnreisenden in Nordfriesland bedeutet das voraussichtlich das Ende der traditionellen Fahrkartenschalter an diesen wichtigen Bahnhöfen.

Neue Vertriebsstrategie: Agenturen und Video-Schalter statt Fahrkartenschalter
In Schleswig-Holstein soll die Nahverkehrsverbundgesellschaft NAH.SH hierbei eine zentrale Rolle spielen. Der Landesverband koordiniert den Bahn- und Busverkehr und arbeitet eng mit der Bahn zusammen, um vor Ort Ersatz für die wegfallenden DB-Schalter zu schaffen. Ein Beispiel ist der Bahnhof Schleswig, wo Ende 2024 das landesweit zweite Video-Reisezentrum eröffnet wurde. Dort haben DB und NAH.SH gemeinsam eine Video-Servicestelle eingerichtet, die das bisherige Reisezentrum ersetzt. Fahrgäste können sich seither per Knopfdruck über einen Bildschirm mit Bahn-Mitarbeitenden verbinden, Fahrkarten kaufen und Auskünfte einholen. NAH.SH sorgt dabei für die lokale Verankerung – das neue Videozentrum in Schleswig wurde bewusst im Design des Landesverbunds gestaltet. Dieses Zusammenwirken von DB und Regionalpartnern gilt als Vorbild für andere Standorte in Schleswig-Holstein.

Unklare Zukunft für Sylt und Niebüll
Trotz dieser Rahmenpläne ist für Westerland (Sylt) und Niebüll derzeit noch offen, wie und durch wen die künftige Ticketberatung vor Ort organisiert wird. Die DB bestätigt zwar die geplante Schließung ihrer eigenen Reisezentren, doch einen konkreten Nachfolger am Schalter gibt es noch nicht. Mögliche Szenarien sind die Einrichtung eines Video-Reisezentrums nach Schleswiger Vorbild oder die Übergabe an einen externen Agenturpartner. NAH.SH steht in Nordfriesland bereit, um zusammen mit der DB Lösungen zu entwickeln, damit Reisende auch weiterhin persönliche Beratung erhalten können – sei es durch geschultes Fremdpersonal am Schalter oder via Bildschirm.

Klar ist: Bis Ende 2025 läuft der Betrieb der DB-Reisezentren in Westerland und Niebüll weiter wie gehabt, doch danach wird die Deutsche Bahn dort kein eigenes Verkaufspersonal mehr vorhalten. Für die Bahnkunden auf Sylt und dem Festland bedeutet dies einen Einschnitt, zumal Westerland und Niebüll als Knotenpunkte im nordfriesischen Bahnnetz gelten. Betroffen ist auch Husum, die Kreisstadt von Nordfriesland: Auch dort will die Bahn ihren Fahrkartenschalter aufgeben. Lediglich Heide (Holstein) soll nach derzeitigem Stand als einzige DB-eigene Verkaufsstelle an der schleswig-holsteinischen Westküste erhalten bleiben, entgegen früheren Gerüchten über eine Schließung. In Westerland wiederum soll immerhin die separate DB-Info im Bahnhofsgebäude bestehen bleiben – Reisende können sich dort über Zugverbindungen informieren, jedoch keine Fahrkarten mehr am Schalter kaufen.

Bedeutung für Tourismus und Pendler
Die geplanten Schließungen stoßen auf Unverständnis und Sorge, denn gerade in Nordfriesland haben die Reisezentren eine besondere Bedeutung. Sylt ist die beliebteste Ferieninsel Deutschlands und verzeichnet jährlich eine Vielzahl an Gästen. Entsprechend groß ist das Aufkommen ortsfremder Reisender, die am Westerländer Bahnhof ankommen und häufig persönliche Beratung benötigen – sei es für Anschlussfahrten, Ausflugstipps oder die Buchung von Tickets für die Rückreise. Bisher konnten sich Urlauber wie Einheimische im Reisezentrum Westerland informieren und dort alle Bahn- und Verbundfahrscheine erwerben. Auch der Bahnhof Niebüll auf dem Festland spielt als Drehscheibe eine zentrale Rolle: Hier steigen Sylt-Pendler von der Regionalbahn in Buszubringer um und Touristen aus Richtung Hamburg steigen vom Auto auf die Bahn um, um auf die Insel zu kommen. Zudem ist Niebüll Umsteigepunkt für Reisende zu den Halligen und Nachbarinseln Föhr und Amrum. Die Komplexität des Angebots – Fernverkehr, Marschbahn und der NEG nach Dagebüll – machte eine zentrale und kompetente persönliche Beratung vor Ort bisher besonders wertvoll.

Fahrgastvertreter und Tourismusverbände befürchten, dass mit dem Wegfall der DB-Schalter vor allem ältere Fahrgäste und technisch weniger versierte Reisende Probleme haben könnten. Zwar gibt es inzwischen viele digitale Buchungsmöglichkeiten (etwa per App oder Automat), doch nicht jeder kommt damit zurecht – und spontane Änderungen oder komplexe Auskünfte lassen sich am Schalter oft einfacher klären. Ein voll digitalisiertes Angebot ohne persönlichen Kontakt passt nicht zu jeder Zielgruppe der Region.

Immerhin betont die DB, dass die neuen Vertriebswege kundenfreundlich gestaltet werden sollen. Längere Öffnungszeiten und moderne Technik sollen bestimmte Nachteile ausgleichen. Im Video-Reisezentrum von Schleswig etwa stehen Berater per Kamera nun auch früh morgens und am Abend zur Verfügung – Zeiten, in denen das alte Reisezentrum geschlossen war. Und laut DB-Vertriebssparte wird der Video-Service von vielen Reisenden positiv angenommen: „Nicht nur ältere Kunden schätzen diese Form der persönlichen Beratung, weil sie dem Fahrkartenkauf am Schalter sehr nah kommt. Auch Touristen, die sich etwa mit dem Verbundtarif vor Ort nicht gut auskennen, wählen oft die persönliche Beratung per Videokonferenz“, erläutert Carmen Maria Parrino, Geschäftsführerin DB Vertrieb Nahverkehr. Diese Erfahrungen lassen hoffen, dass zumindest ein Teil der bisherigen Schalter-Funktion durch innovative Lösungen aufgefangen werden kann.

Landespolitik und Ausblick
Auf Landesebene verfolgt man die Entwicklung aufmerksam. Schleswig-Holsteins Verkehrsministerium hat bereits in anderen Zusammenhängen deutlich gemacht, dass eine gute Service-Qualität für Bahnreisende gewährleistet bleiben muss. Minister Claus Ruhe Madsen (CDU) setzte zuletzt verstärkt auf Verbesserungen im Marschbahn-Verkehr – von moderneren Zügen bis zu zuverlässigerer Infrastruktur. Die Vertriebsfrage liegt zwar primär in der Verantwortung der DB, doch das Land unterstützt über NAH.SH die Bemühungen, vor Ort Ersatz zu schaffen. So soll verhindert werden, dass Nordfriesland vom persönlichen Bahnservice abgehängt wird.

Vielleicht bietet sich für Sylt sogar die Chance, eine Lösung zu schaffen, die den Reisenden spürbar mehr Komfort bringt – zum Beispiel durch einen gemeinsamen Servicepunkt, an dem der Tourismus-Service Fahrkarten verkauft oder die Sylter Verkehrsgesellschaft zusammen mit der Reederei Adler-Schiffe ein umfassendes Informationsangebot im Bahnhof anbietet. Eine solche Lösung bis 2026 wäre nicht nur wünschenswert, sondern auch ein starkes Signal für die Servicequalität auf Deutschlands beliebtester Ferieninsel.


Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 06.04.2025
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