B-Plan 28 – Wunderwaffe oder Wunderkerze?
Reihe: Baurechtskrise im Fokus
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Gemeinde Sylt. Der Bebauungsplan (B-Plan) 28 umfasst das Wohngebiet im Norden von Westerland südlich der ehemaligen Beyschlag-Fabrik, die bis 1971 Kohleschichtwiderstände herstellte, das durch die medienwirksamen Kontrollen des Kreises zu gewisser Berühmtheit gelangte. Auf den ersten Blick handelt es sich um ganz gewöhnliche Sylter Straßenzüge: größtenteils schmucke Häuser, in denen überwiegend Zweit- und Ferienwohnungen untergebracht sind, Agenturschilder auf dem Wall und ab und an ein NF-Kennzeichen. Dieser oberflächliche Eindruck täuscht jedoch. Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine Projektionsfläche im Ringen um die baurechtliche Zukunft der Insel. Nachdem der Kreis Nordfriesland das Wohngebiet genau inspiziert und dutzende Verfahren eingeleitet hat, kommen viele Fragen auf:
Wie sind die Häuser genehmigt? Wie werden Sie tatsächlich genutzt? Und welche Nutzung wäre die vermeintlich beste für die Zukunft der Insel?
Der B-Plan-Entwurf darf in seinen Festsetzungen und Auswirkungen durchaus als radikal bezeichnet werden in Anbetracht der Konsequenzen. Ob tatsächlich eine adäquate Abwägung und Folgenabschätzung durch die Verwaltung und die Politik erfolgt ist, ist fraglich.
Wer wohnt aktuell in dem Gebiet?
In dem Gebiet befinden sich 58 Grundstücke mit offiziell 88 Nutzungseinheiten. Auf 50% der Grundstücke sind ausschließlich Erstwohnsitze angemeldet. Anwohnern zufolge sind jedoch nicht alle dieser 29 Anschriften richtige Erstwohnsitze im klassischen Sinne. Anlieger kolportieren, dass es sich bei rund einem Drittel der gemeldeten Erstwohnsitze um sogenannte „Kennzeichenwohnsitze“ handeln soll, die in Wirklichkeit eher dem Zweitwohnen zuzuordnen wären.
Wie viele Zweitwohnungen bestehen demnach in dem Gebiet?
Offiziell ist auf ca. 10 Grundstücken mindestens ein Zweitwohnsitz angemeldet. Hinzukommen die vorgenannten „Kennzeichenwohnsitze“. Alle offiziellen Zweitwohnungen haben etwas gemeinsam: die Vorlage der gemeindlichen Städteplanungsabteilung sieht vor, dass keine (wiederhole: KEINE) davon künftig baurechtlich genehmigt werden soll. Zweitwohnsitze haben keine Absicherung über den neuen Bebauungsplan und werden folglich verschwinden müssen. Es ist naturgemäß anzunehmen, dass aus den Nebenwohnsitzen, die derzeit Zweitwohnungssteuer entrichten, oftmals fingierte Erstwohnsitze werden, um den neuen restriktiven Vorgaben zu entgehen. Die für den Gemeindehaushalt wichtige Einkommensquelle der Zweitwohnungssteuer (auf einen Euro Gewerbesteuer kommen aktuell ca. 28 Cent Zweitwohnungssteuer) wird folglich perspektivisch vollständig versiegen in diesem Gebiet.
Wie steht es um die Ferienwohnungen im B-Plan 28?
Derzeit werden ca. 42 Ferienwohnungen vermietet.
Davon sind aktuell 5 (fünf) genehmigt. Mithin sind 88% der Ferienwohnungen baurechtlich nicht genehmigt.
Wie würde sich der neue B-Plan auf diese FeWo-Struktur auswirken?
Auf der Hälfte der Grundstücke, sprich 29, sind Ferienwohnungen eingerichtet. Auf 19 Grundstücken ist jeweils nur eine FeWo und auf 10 Grundstücken sind mehr als zwei FeWos ausgeprägt. Durch den neuen B-Plan würden 76% der faktischen FeWos im Bereich des B-Plan 28 verschwinden. Lediglich für vorraussichtlich 10 der ca. 42 faktisch vorhandenen Wohnungen gäbe es eine Möglichkeit der baurechtlichen Genehmigung. Inwiefern der B-Plan-Entwurf mit dem gemeindlichen Beschluss in der Umsetzungsstrategie des Beherbergungskonzeptes, der besagt, dass der verträgliche, aber ungenehmigte Bestand an Ferienwohnungen baurechtlich abgesichert werden soll, vereinbar ist, vermögen Juristen beurteilen.
Bei einer Schließung von 76% der faktischen Ferienwohnungen dürften allerdings hier und dort berechtigte Zweifel aufkommen. Ob aus den stillgelegten Ferienwohnungen am Ende des Tages nachhaltig attraktive und bezahlbare Dauerwohnungen werden, steht in den Sternen.
Offenkundig hingegen ist, dass durch diesen B-Plan der Inselwirtschaft die Grundlage entzogen werden würde. Die Abstimmung in der Gemeindevertretung über diesen in seinen Auswirkungen radikalen B-Plan-Entwurf sollte namentlich erfolgen, denn diejenigen, die für eben diesen stimmen, werden im Zweifel in nicht allzu ferner Zukunft erläutern müssen, warum sie bei bekannter Faktenlage für diese baurechtliche Handgranate gestimmt haben.
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 27.01.2025